Michael Schröder (1937-2023)
Am 15.07.2023 ist Universitätsprofessor Dr. med. Johann Michael Schröder, Gründungsdirektor des Instituts für Neuropathologie, RWTH Aachen, nach langer Krankheit zuhause in Aachen gestorben. In seiner 23-jährigen Amtszeit führte er das Institut vor allem durch seine herausragenden Leistungen in der Erforschung und Diagnostik neuromuskulärer Krankheiten zu internationaler Anerkennung.
Der gebürtige Hamburger studierte Medizin an den Universitäten Freiburg i. Brsg., München und Wien. Sein Studium schloss er 1962 in München mit der ärztlichen Prüfung ab, wo er auch 1962 mit einer Arbeit zur „Lokalisation der Ammonshornsklerose im arteriellen Grenzgebiet“ promovierte. Nach der Medizinalassistentenzeit in Berlin und Köln wurde er 1964 als Arzt approbiert. Anschließend war er Wiss. Assistent am Max-Planck-Institut für Hirnforschung/Abteilung Allgemeine Neurologie, Köln Merheim (Direktor: Prof. Dr. K.-J. Zülch). Danach forschte er für ein Jahr als Research Fellow an der Harvard University Medical School, Boston, Mass., USA. Von 1966 bis 1974 leitete er das elektronenmikroskopische Labor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Abteilung Neuropathologie/Edinger-Institut, Frankfurt a.M. (Direktor: Univ.-Prof. Dr. W. Krücke). 1970 erhielt er dort die Venia Legendi für das Fach Neuropathologie. 1974 wurde er H2-Professor und Vorstand der Abteilung für Neuropathologie, Universität Mainz. Von 1981 bis zu seiner Pensionierung 2004 leitete er als C4-Professor und Direktor das Institut für Neuropathologie an der RWTH Aachen.
Seine initialen wissenschaftlichen Arbeiten befassten sich mit der Pathologie der vaskulären und traumatischen Hirnschäden und des Hirnödems. Dabei setzte er die zu dieser Zeit bahnbrechende Technik der Elektronenmikroskopie ein. Erfahrungen in den neuesten Methoden der ultrastrukturellen Untersuchung von Nerv und Muskel erwarb er in der Zusammenarbeit mit Prof. H.D. Webster und Prof. R. Adams während seines Aufenthaltes an der Harvard University. In den folgenden Frankfurter Jahren gelangen ihm wesentliche Beiträge zur Pathologie der Nervenfaserdegeneration und –regeneration, der Myotonien und der Myotonischen Dystrophie. In den Mainzer und Aachener Jahren entwickelte er diesen Schwerpunkt mit einer Vielzahl von Arbeiten zur Pathologie der neuromuskulären Krankheiten weiter. Er erkannte die Chancen, welche sich durch die Fortschritte in der molekularen Genetik ergaben und trug wesentlich zur Identifikation mehrerer bedeutender Krankheitsgene erblicher Neuropathien bei. Dabei nutzte er intensiv seine große, weltweit ihresgleichen suchende Sammlung von Nerven- und Muskelbiopsien. Diese Sammlung ermöglichte es ihm zudem, zwei gewichtige, auch heute noch lesenswerte Standardwerke zur „Pathologie der Muskulatur“ und zur „Pathologie peripherer Nerven“ sowie weitere Lehrbücher und Lehrbuchartikel zur neuromuskulären Pathologie zu verfassen.
Bis zu seiner Pensionierung leitete J. Michael Schröder das von ihm 1981 mitgegründete Referenzzentrum für neuromuskuläre Krankheiten bei der DGNN. 1984/1985 und 2001/2002 war er DGNN-Vorsitzender. In seiner ersten Amtszeit war er wesentlich daran beteiligt, den Titel eines Facharztes für Neuropathologie in der Weiterbildungsordnung zu verankern. 1985 und 2002 organisierte er die Jahrestagung der DGNN, jeweils als Joint Meeting mit den belgischen und niederländischen neuropathologischen Gesellschaften.
1991 wurde er mit dem Duchenne-Erb-Preis der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) ausgezeichnet. Nach seiner Pensionierung 2004 wurde er Ehrenmitglied der DGNN.
Seine Aufgaben als Institutsdirektor meisterte er mit sachlich-hanseatischem Stil und feinem Humor. Vielen, auch mir selbst, war er ein hochgeschätzter Lehrer und Mentor.
Michael Schröder hat sich um die Neuropathologie verdient gemacht. Wir werden sein Andenken in Ehren halten.
Joachim Weis, Aachen